POLYTEC PASSION CREATES INNOVATION

„… UNSERE INNOVATIVEN PRODUKTLÖSUNGEN WERDEN IM MARKT SEHR GESCHÄTZT …“

Interview mit dem Vorstand

​​​​​​​​​​​​​​Im Gespräch mit dem Vorstandsteam der ­POLYTEC GROUP, Markus Huemer (CEO/COO), Peter Bernscher (Stellvertretender Vorsitzender/CCO) und Markus Mühlböck (CFO), über ein schwieriges Jahr, das von vielfältigen Herausforderungen, darunter operative Themen, Kosten­steigerungen und Personal­engpässe, aber auch von einem neuerlichen ­Umsatzplus und guten Auftragseingängen ­geprägt war.

 


Herr Huemer, 2023 gab es in der POLYTEC GROUP nach den starken Auftragseingängen der Vorjahre viele neue Produktionsanläufe. Im Ergebnis sieht man aber noch nichts davon. Warum?​​​​​​​


​​​​​​​Markus Huemer: Weil wir an einigen Fronten mit erheblichen negativen Einflüssen konfrontiert waren: Allem voran sind einige Serienstarts nicht so glatt verlaufen, wie wir es erwartet hatten, und haben damit spürbare operative Verwerfungen verursacht. Das hat vor allem die Werke Lohne und Weier­bach betroffen. Gleichzeitig ist unser Bestandsgeschäft trotz Mengensteigerungen unter den Erwartungen geblieben, insbesondere in den Bereichen E-Mobilität und Logistik. Hinzu kamen Kostensteigerungen, die wir – wie schon in der Vergangenheit – im laufenden Jahr nur verzögert und auch nur zum Teil weitergeben konnten. Immerhin haben wir unter diesen schwierigen Rahmenbedingungen ein Umsatzplus von ca. 6 Prozent erreicht, das allerdings unter unserem Budget blieb. Das EBIT hat aufgrund der erwähnten Belastungen mit etwas unter EUR –7 Mio. leider ins Negative gedreht.
 


Was waren 2023 die Hauptschwierigkeiten, mit denen Sie zu kämpfen hatten – und ist ein Ende abzusehen? 

 

Markus Huemer: Hauptproblem ­waren neben der unter den Erwartungen gelegenen Mengenentwicklung eben die operativen Schwierigkeiten bei ­einigen neuen Produktionen. Dank der guten Akquisitionserfolge in den Vorjahren hatten wir 2023 eine enorme Zahl an Neuanläufen, geprägt von einem sich wandelnden Produktportfolio und ­hohen technischen Ansprüchen. ­Einzelne dieser insgesamt rund 100 neuen Projekte – für die in Summe etwa 600 Werkzeuge zum Einsatz kommen – wiesen aber leider nicht den Serien­reifegrad auf, der für einen reibungslosen Produktionsstart erforderlich gewesen wäre. Die Folge war intensives „Firefighting“, um die Projekte auf Schiene zu bringen. Das bindet natürlich Ressourcen und verursacht auch erheblichen Mehraufwand.

Zum Teil lag dies auch an der in den letzten Jahren vollzogenen Umstellung unserer Organisation auf Zentralfunktionen. Wir haben damit zwar erfolgreich konzernweite Standards etabliert, sind bei der Zentralisierung da und dort aber möglicherweise übers Ziel hinausgeschossen. Hinzu kam ein Engpass bei der Anlagenkapazität, denn die Lieferzeiten für Maschinen erhöhten sich 2023 auf bis zu 18 Monate. Dadurch konnten wir notwendige Investitionen nicht zeitgerecht umsetzen und waren in unserem Reaktionstempo deutlich gebremst. Ein weiteres Problem war die mangelnde Verfügbarkeit von Mitarbeiter:innen, denn es wird immer schwieriger, geeignetes Fachpersonal zu finden. Der dadurch notwendige – oft auch kurzfristige – Einsatz von Leihpersonal ist eine große Herausforderung, in organisatorischer und fachlicher Hinsicht ebenso wie in wirtschaftlicher.
 

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Und wie sieht die Situation in ­Lohne und Weierbach derzeit aus? 

 

Markus Huemer: Wir haben natürlich sofort auf allen Ebenen Gegenmaßnahmen ergriffen. In Lohne, wo nur einzelne Neuproduktionen von Anlaufschwierigkeiten betroffen waren, sind wir bereits auf einem guten Weg. Die Abweichungen konnten mittlerweile halbiert werden, und ich erwarte für die nächsten Monate eine weitere Stabilisierung. Im Werk Weierbach ist das Produktportfolio durch einen strategischen Wandel beim Hauptkunden insgesamt wesentlich kleinteiliger und komplexer geworden. Dies beeinträchtigt den zentralen Fertigungsprozess und damit das gesamte Werk. Hier haben wir noch einige Herausforderungen vor uns. 

Man muss aber auch die richtigen Proportionen sehen: Wir sprechen hier über zwei Werke von insgesamt 21 – an allen anderen Standorten läuft grosso modo alles stabil. Außerdem haben wir in der Vergangenheit hundertfach bewiesen, dass wir Serienanläufe beherrschen. 2023 sind einfach mehrere Faktoren sehr unglücklich zusammengetroffen. 

 


Die internen organisatorischen Maßnahmen der letzten Jahre sollten die POLYTEC GROUP insgesamt effizienter und damit schlagkräftiger machen. Ist absehbar, wann sie sich auch im Ergebnis niederschlagen werden?

 

Markus Huemer: Nach den Erfahrungen des vergangenen Jahres werden wir hier nun nachjustieren und haben bereits entsprechende Maßnahmen eingeleitet. Insbesondere müssen wir validieren, ob wir nicht den Zentralisierungsgrad zurücknehmen, um auch operativ schlagkräftiger zu werden. Ich bin zuversichtlich, dass schon im Ergebnis 2024 Verbesserungen sichtbar sein werden. ​​​​​​​

 


​​​​​​​In der jüngeren Vergangenheit führten unterbrochene Lieferketten und stark gestiegene Rohstoff- und Energiepreise in vielen Industrien zu massiven Schwierigkeiten. Wie sieht die Situation für POLYTEC derzeit aus?

 

Markus Huemer: Wir sehen schon seit einiger Zeit keine wesentlichen Störungen unserer Lieferketten mehr, außer wie vorhin erwähnt bei Anlagen. Da oder dort gibt es aber Insolvenzen von Lieferanten. All das beobachten wir natürlich sehr genau. Was die Preise betrifft, verzeichnen wir bei Materialien und Energie derzeit eher Rückgänge, die Preise für Anlagen sind aber nach wie vor hoch. 

 


Ende 2023 haben Sie sich mit Ihren Kunden angesichts der massiven Kostensteigerungen der letzten Jahre auf eine Preisanpassung geeinigt. Wie ist Ihnen das gelungen?​​​​​​​​​​​​​​

​​​​​​​Peter Bernscher: Kostensteigerungen bei Materialien, Energie und Zukaufteilen – sie machen etwa die Hälfte unserer betrieblichen Aufwendungen aus – konnten wir schon in den letzten Jahren über Verhandlungen an unsere Kunden weitergeben. Die operative Umsetzung hat sich aufgrund systembedingter Hürden allerdings teilweise verzögert. Diese Dynamik gab es auch im Jahr 2023. Steigerungen bei unseren Personal-, Sach- und Finanzierungskosten waren in der Vergangenheit in der Automobilzulieferindustrie – auch aufgrund ihrer Berechenbarkeit – nicht Thema der Verhandlungen mit den Kunden. Aktuell sind sie es jedoch, denn sie haben getrieben durch die starke Inflation zu erheblichen Mehrbelastungen geführt. Ende 2023 haben wir hier nach intensiven Gesprächen erreicht, dass wir 2024 wesentliche Kostenanteile kompensiert bekommen. Das hilft uns nicht nur wirtschaftlich, sondern ist letztlich auch eine Bestätigung ­unserer guten Position in der Branche und der Akzeptanz bei den Kunden. Unsere inno­vativen Produktlösungen werden im Markt einfach sehr geschätzt.

 


Wie sieht es mit den Abrufen seitens Ihrer Kunden aus? Sind sie weiterhin volatil, oder hat sich hier mittlerweile mehr Konstanz eingestellt?

 

Peter Bernscher: Die kurzfristige Volatilität ist deutlich zurückgegangen, dafür ist der Markt in seiner mittel- und langfristigen Entwicklung schwerer einschätzbar geworden und dürfte – zumindest in Europa – auf Sicht stagnieren. Während die europäische Automobilproduktion 2023 um 12 Prozent zugenommen hat, wird für das nächste Jahr eine Reduktion um 4 Prozent und für die Folgejahre ein Fortschreiben auf diesem Niveau erwartet – das, nebenbei bemerkt, immer noch um rund 20 Prozent unter den Werten von 2019 liegt.

Gleichzeitig sehen wir starke Verschiebungen zwischen Produkten und Plattformen – so wird etwa ein deutscher Premium-Hersteller sein Volumen in den kleineren Baureihen stark reduzieren. Zudem entwickelt sich die E-Mobilität weniger dynamisch als erwartet. 

Dennoch sind wir optimistisch, da es uns in den letzten Jahren gelungen ist, uns sowohl bei Produkten für Verbrenner- als auch bei solchen für E-Fahrzeuge gut im Markt zu verankern. Wohin auch immer die Reise geht, wir sind mit dabei und können die Reduktion in einem Segment durch Zuwächse im anderen kompensieren. Die guten Auftragseingänge der letzten Jahre belegen das eindrucksvoll. Auf dieser Basis rechnen wir im erweiterten Powertrain-Bereich (inkl. Batterieanwendungen) auch weiterhin mit einem Umsatzwachstum in einem stagnierenden Markt.

 


​​​​​​​Welche Investitionsstrategie verfolgen Sie angesichts dieser erschwerten langfristigen Plan­barkeit, und welche Auswirkungen hat dies auf Ihre Finanzierung?

 

Markus Mühlböck: Unsere Investitionsstrategie ist sehr bedacht – wesentliche Investitionen tätigen wir grundsätzlich nur im Zusammenhang mit konkreten Kundenprojekten. So stehen 2024 z. B. in England umfangreiche Investitionen an, weil das Produktions- und Leistungsvolumen für zwei große Kunden deutlich zunimmt. Hier werden zwei neue Assembly- und Sequencing-Centers entstehen, der bestehende Standort in Telford wird ausgebaut. 

Finanziert werden unsere Investitionen in der Regel langfristig analog zur Laufzeit der jeweiligen Projekte, in manchen Fällen aber auch aus dem laufenden Cash-Flow sowie über Sale-and-Lease-Back-Transaktionen. In den vergangenen Jahren lag unser Investitionsvolumen unter den jährlichen Abschreibungen, 2024 wird es mit rund EUR 40 Mio. dank des erwähnten Projekts in England etwas darüber liegen. 

Ein wichtiger Fokus ist bei alldem auch das Thema Nachhaltigkeit. Wir nutzen Neuinvestitionen, um zukunftsfähiger, materialschonender und energieeffizienter zu werden.

 


​​​​​​​Weiter angespannt bleibt die ­Situation auf dem Arbeitsmarkt. Wie gehen Sie damit um, und welche Maßnahmen setzen Sie, um hochqualifizierte Mitarbeiter:innen zu gewinnen bzw. zu halten?

 

Peter Bernscher: Wir arbeiten laufend daran, POLYTEC attraktiv im Arbeitsmarkt zu positionieren, und setzen dafür ein ganzes Bündel an Initiativen. Neben Employer Branding ist uns dabei auch Employee Retention sehr wichtig. Es geht darum, POLYTEC langfristig interessant zu machen und von anderen Arbeitgebern zu differenzieren. Wir schaffen ein Umfeld, in dem sich Menschen entwickeln können – sowohl karrieretechnisch als auch in puncto Wissenszuwachs. Auch die Verdienstmöglichkeiten sind bei uns attraktiv. Wichtig ist bei alldem eines: Der Arbeitsmarkt verändert sich, und wir müssen mitziehen. Ganz gezielt gehen wir deshalb auf die veränderten Anforderungen und Erwartungen gerade junger qualifizierter Menschen ein, Stichwort Homeoffice, Teilzeitmodelle, flexible Arbeitszeiten etc. Um frühzeitig mit Nachwuchskräften in Kontakt zu kommen, kooperieren wir auf Projektbasis auch mit Universitäten und sind auf Jobmessen aller Art präsent. Gleichzeitig setzen wir auf eine hochwertige Lehrlingsausbildung, um auch auf qualifizierte Facharbeiter:innen bauen zu können.

 


Seit 2020 verfolgen Sie mit der POLYTEC SOLUTION FORCE eine adaptierte Strategie in der Marktbearbeitung, in der Sie die Technologiekompetenz des gesamten Konzerns bündeln. 2022 resultierte dies in einem Rekordeingang an Aufträgen. Wie hat es 2023 mit Neuaufträgen ausgesehen?

 

Peter Bernscher: Das Auftragsvolumen war 2023 ähnlich hoch wie 2022 und damit sehr erfreulich – und dies, obwohl einige wichtige Projektvergaben ins Jahr 2024 verschoben wurden. Damit könnte 2024 noch einmal besser ausfallen. Die POLYTEC SOLUTION FORCE bewährt sich somit auf ganzer Front, das Prinzip ist richtig. 

Konkret konnten wir 2023 unsere Marktpräsenz im Bereich Agricultural mit zwei Neukunden für Exterieur-­Bauteile stärken. Auch bei Painted Exteriors sind große Aufträge für Spoiler und Anbauteilsysteme eingegangen. Erste Projekte haben wir zudem im Bereich Thermal Management für die E-Mobilität gewonnen. Hier werden wir Leitungen samt Ventiltechnik für die Kühl- und Wärmekreisläufe liefern und vollziehen damit den Sprung in ein ganz neues Produktfeld. Ebenso konnten wir einen Battery-Housing-Auftrag für einen Premium-Kunden an Land ziehen. Vor dem Hintergrund der sehr erfreulichen Auftragseingänge im Bereich Painted Exteriors in England sind wir – wie von Markus Mühlböck schon erwähnt – gerade dabei, unsere lokale Kapazität deutlich auszuweiten. Wir wollen hier vor allem bei zwei Premium-Kunden unser derzeitiges Leistungs­angebot bei gleichzeitig deutlich steigenden Stückzahlen in Richtung Spritzguss, Assem­blieren und auch Sequenzieren erhöhen. Dazu werden wir zwei neue ­Assembly- und ­Sequencing-Centers betreiben, ­zusätzlich muss auch eine Erweiterungsinvestition im Werk ­Telford stattfinden. In Summe könnten wir damit unsere Umsätze in England künftig mehr als verdoppeln – natürlich in Abhängigkeit vom Erfolg der jeweiligen Fahrzeugmodelle. 
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Im Rahmen der POLYTEC ­SOLUTION FORCE möchten Sie Ihre Leistungen auch stärker von der klassischen Automobilindustrie entkoppeln. Geht dieser Plan auf, und in welchen Produktsegmenten sehen Sie in diesem Zusammenhang das größte Potenzial für POLYTEC?

 

Peter Bernscher: Im Bereich Smart Plastics, in dem alle unsere Non-Automotive-Aktivitäten zusammengefasst sind, verläuft die Auftragsentwicklung ebenfalls positiv. Unser Fernziel, 30 Pro­zent unseres Gesamtumsatzes in diesem Marktbereich zu erzielen, bleibt damit aufrecht. Einen Schwerpunkt bilden hier Produkte für nachhaltige Transportlogistik, bei denen wir mit Mehrwegtauglichkeit und Recyclingfähigkeit punkten. Der zweite Schwerpunktbereich – Produkte für nachhaltige Energieversorgung – umfasst Komponenten für Speichersysteme, für E-Mobility-Ladesysteme sowie für Wärmepumpen. 2023 kam es nicht nur zur Verlängerung eines Rahmenauftrags über Logistikboxen für einen wesentlichen Kunden, für 2024 ist auch eine Steigerung des Produktionsvolumens zu erwarten. Einen Neuauftrag konnten wir zudem mit der Lieferung mehrwegfähiger und rezyklierbarer Plant Trays verzeichnen. Im Bereich nachhaltige Energieversorgung haben wir einige anspruchsvolle Produkte entwickelt, deren Erfolg jedoch an der Marktdurchdringung unserer Kunden hängt. 2024 werden wir uns daher intensiv mit der Frage beschäftigen, ob und wie wir diese Produkte auch auf andere Kunden skalieren können.

 


Und wo liegen derzeit die Schwerpunkte im Bereich Innovation?

 

Peter Bernscher: Den zentralen Schwerpunkt bilden definitiv verschiedenste Lösungen rund um die E-Mobilität, vom Batteriegehäuse bis zum Unterboden, bei dem so unterschiedliche Themen wie Aerodynamik, Sicherheit, Leichtbau oder die Abschirmung gegen elektromagnetische Strahlung mit hineinspielen. Weiterhin geht es zumeist darum, Metalllösungen durch Kunststofflösungen zu substituieren. Ein Beispiel dafür sind etwa unsere Sitzkissenrahmen für PKW, bei denen wir Stahl-Draht-Lösungen durch reine Kunststofflösungen ersetzen können. Diese sind leichter und wirtschaftlicher und erlauben eine stärkere Funktionsintegration. Ähnliches gilt für Batteriegehäuse, die derzeit in 85 Prozent der Fälle in Metall ausgeführt werden. Neue Materialien sowie die Integration mehrerer Funktionen sind durchwegs die Hebel für eine wesentlich höhere Wertschöpfung mit einem vergleichbaren Produkt.

 


Aktuell intensivieren chinesische Hersteller von Elektroautos sowohl ihren Vertrieb als auch die Produktion in Europa. Bedrohung oder Chance für die POLYTEC GROUP?

 

Peter Bernscher: Ich sehe das vor allem als Chance, auch diese OEMs zu beliefern, sobald sie in Europa produzieren. China ist weltweit Marktführer in Sachen E-Mobilität, 2022 wurden 60 Prozent aller E- und ­Hybrid-Modelle weltweit von chinesischen Herstellern produziert. Neben der führenden Rolle bei den Stückzahlen liegt China auch technologisch auf Augenhöhe mit seiner Konkurrenz. Es wäre ausgesprochen attraktiv für uns, allfällige europäische Werke chinesischer Produzenten zu beliefern. Die passenden Produkte und Technologien dafür haben wir, ebenso die Produktionskompetenz.

 


​​​​​​​Sie arbeiten intensiv an der Umsetzung und Weiterentwicklung Ihrer Nachhaltigkeitsstrategie. Welche Milestones konnten Sie 2023 erreichen, und wo werden die Schwerpunkte 2024 liegen? 

Markus Huemer: Einen wichtigen Schwerpunkt bildet der Ausbau unserer Photovoltaikkapazitäten, den wir auch weiter fortsetzen werden. In allen Werken laufen parallel dazu Energieeinsparungsinitiativen – unsere Prozesse sind sehr energieintensiv, deshalb versuchen wir den Verbrauch für Dampferzeugung, Drucklufterzeugung und auch Heizung zu minimieren, wo immer möglich. Einen wesentlichen Teil unseres Energiebedarfs decken wir mittlerweile übrigens mit erneuerbaren Energien ab.

Ein Thema, mit dem wir uns ebenfalls intensiv beschäftigen, ist die Substitution von Erdgas. Hier gibt es verschiedenste technische Lösungen, auch für den Hochtemperaturbereich. Wir gehen aber davon aus, dass sich hier technologisch in den nächsten Jahren noch einiges tun wird. Wir beobachten die Entwicklung jedenfalls genau und setzen überall dort, wo wir ohnehin investieren, auch entsprechende Initiativen. Unser Gasverbrauch lag 2023 bereits um mehr als 30 Prozent unter dem Wert von 2018. 

Peter Bernscher: Parallel dazu arbeiten wir auch laufend daran, unsere Produkte durch zielgerichtete Innovation nachhaltiger zu gestalten. Schwerpunkte sind hier die Minimierung des 
CO2-Footprints, die Erhöhung des recyclingfähigen Rohstoffanteils in unserem Portfolio und auch die Steigerung der Service- und Wartungsfreundlichkeit unserer Produkte. Basis dafür ist ein Life-Cycle Assessment jedes einzelnen Produkts. Wir kommen damit nicht zuletzt einer Forderung unserer Kunden nach, denen gerade die Reduktion des CO2-Footprints sowie der vermehrte Einsatz von Rezyklat bzw. nachwachsenden Rohstoffen am Herzen liegen.


Bleiben Sie Ihrem Ziel treu, bis 2035 vollständig CO2-neutral zu produzieren? Wie stehen die ­Chancen, dieses Ziel zu erreichen?

 

Markus Huemer: Ja, dieses Ziel ist unverändert, und wir arbeiten weiterhin intensiv an seiner Verwirklichung. Wir sind dabei aber auch von der ausreichenden Verfügbarkeit erneuerbarer Energien und einem leistbaren Ersatz für Erdgas abhängig.

 


Ihre Aktie hat in den letzten Jahren kontinuierlich an Wert verloren. Warum sollten Anleger:innen ­dennoch in Ihr Papier investieren?

 

Markus Mühlböck: Weil es enormes Potenzial bietet. Wir verfügen über ein zukunftsfähiges Produktportfolio, eine gute Marktposition mit hoher Kundenakzeptanz und ein Kurs-Buchwert-Verhältnis, das seinesgleichen sucht: Eine Marktkapitalisierung von EUR 75 Mio. steht EUR 221 Mio. an Eigenkapital gegenüber. Unser Anlagevermögen von EUR 242 Mio. enthält zudem nahezu ausschließlich physische Assets in Form von Gebäuden und Anlagen, wir haben keinen Goodwill aktiviert. Wir bekommen auch immer häufiger Signale aus dem Markt, dass Investor:innen das Potenzial erkennen. Ich kann aber durchaus verstehen, dass der Kurs derzeit dort ist, wo er ist. Denn natürlich erwartet der Markt auch entsprechende Ergebnisse.


​​​​​​​Die Zinslandschaft hat sich in den vergangenen beiden Jahren weltweit stark verändert. Welche Strategie verfolgen Sie vor diesem Hintergrund bei der (Re-)Finanzierung? 

 

Markus Mühlböck: Wir konnten vor Kurzem einen Großteil unserer langfristigen Verbindlichkeiten refinanzieren – auch das eine Bestätigung für das Vertrauen in die POLYTEC. Denn die Rahmenbedingungen waren nicht ganz einfach – vom schwachen Ergebnis des Jahres 2023 bis zu den gedämpften Aussichten für die Branche insgesamt. Wir sind sehr zufrieden, dass wir für die neue Finanzierung akzeptable Bedingungen vereinbaren konnten und dass es gelang, für das Konsortium rund um unsere geschätzte Hausbank sogar neue Banken zu gewinnen. Wir haben uns dabei für eine variable Verzinsung entschieden, um von den zu erwartenden Zinssenkungen profitieren zu können. Neben den Banken hat auch die Familie Huemer als Hauptaktionärin zur Refinanzierung beigetragen.

 


Zum Abschluss bitte noch Ihr Ausblick ins Jahr 2024 und danach.

 

Markus Huemer: Aus heutiger Sicht gehen wir für 2024 von einem geplanten Umsatz in der Größenordnung von EUR 660 Mio. bis EUR 710 Mio. aus und streben eine EBIT-Marge von rund 2 bis 3 Prozent an. In Summe sehen wir also mit Optimismus in die Zukunft. Denn der Markt schätzt uns weiterhin sehr.